Mit Bildern „Übers Klima reden”
Hintergrund
Diese Untersuchung ist Teil der größeren „Übers Klima reden"-Studie, die im Februar und März 2022 durchgeführt wurde und die Einstellungen zum Klimawandel und zu Klimaschutzmaßnahmen in Deutschland untersucht. „Übers Klima reden” (im Englischen: “Germany Talks Climate”) ist ein gemeinsames Projekt von Climate Outreach, More in Common Deutschland und klimafakten.de und wird gefördert durch die Stiftung Mercator und die European Climate Foundation.
Die hier vorgestellten Ergebnisse zur Bildsprache bilden die erste Aktualisierung der Bildforschung in Deutschland seit der ursprünglichen Climate Visuals-Studie von 2016. Unsere neue Forschung wurde in Zusammenarbeit mit More in Common entwickelt und verwendet zum ersten Mal einen wertebasierten Segmentierungsansatz, um die Ergebnisse nach verschiedenen Bevölkerungssegmenten aufschlüsseln zu können. Eine nützliche Ressource zur Bildsprache bietet auch das Handbuch von unserem Projektpartner klimafakten: „Übers Klima sprechen" (s. Kapitel 12: Nutze Bilder - aber wähle sie mit Bedacht aus).
Gleichzeitig ist anzumerken, dass diese Erkenntnisse größtenteils auf begrenzten qualitativen Daten basieren. Während wir unsere Ergebnisse und deren Aussagekraft nach bestem Wissen und Gewissen hier darlegen, macht die Studie ebenfalls deutlich, dass mehr quantitative Bildforschung nötig ist, um die folgenden Erkenntnisse zu untermauern.
7 Prinzipien für gute Bildsprache zum Klima (Climate Visuals principles)
- Zeige echte Menschen statt gestellter Bilder
- Erzähle neue Geschichten statt alter Klischees
- Zeige die Ursachen des Klimawandels in ihrer Breite
- Zeige Klimafolgen, die emotional berühren und zum Handeln anregen
- Gehe auf dein Publikum ein
- Zeige lokale, aber ernste Klimafolgen
- Sei vorsichtig mit Bildern von Protesten
Methodische Grundlage – More in Common Deutschlands sechs gesellschaftliche Typen
„Übers Klima reden” baut auf Studien von More in Common auf, die 2019 und 2021 in Deutschland durchgeführt wurden. Darin identifiziert More in Common sechs Typen der deutschen Bevölkerung, die sich in ihren Werten und Grundüberzeugungen unterscheiden.
Die sechs Typen mitsamt ihren normativen Kernmotiven lauten wie folgt::
- die Offenen: Selbstentfaltung, Weltoffenheit, kritisches Denken
- die Involvierten: Bürgersinn, Miteinander, Verteidigung von Errungenschaften
- die Etablierten: Zufriedenheit, Verlässlichkeit, gesellschaftlicher Frieden
- die Pragmatischen: Erfolg, privates Fortkommen, Kontrolle vor Vertrauen
- die Enttäuschten: (verlorene) Gemeinschaft, (fehlende) Wertschätzung, Gerechtigkeit
- die Wütenden: Nationale Ordnung, Systemschelte, Misstrauen
Die Typen wurden sozialpsychologisch und nicht anhand von soziodemografischen Kategorien (Bildung, Alter oder Einkommen) bestimmt. Die Namen der Segmente stehen für ihre charakteristische Grundeinstellung zur Gesellschaft.
Kernbefund: Dreiteilung der Gesellschaft (More in Common, 2019)
Eine ausführliche Darstellung der Merkmale und Charakteristiken aller Typen von More in Common sind unter dieandereteilung.de einzusehen.
Methodik der Bildforschung
Qualitative Fokusgruppen
Sechs Fokusgruppen (je einer Fokusgruppe pro Typ, bestehend aus fünf bis sechs Teilnehmenden) wurden 17 Bilder in zufälliger Reihenfolge gezeigt. Die Bilder zeigen Klimawandelursachen, lokalen und globalen Auswirkungen, Lösungsansätzen und Formen des Engagements. Sie bilden teils Menschen, teils Landschaften oder Technik ab. Für jedes Bild wurde eine Auswahl von Fragen gestellt, im Einzelnen:
- nach unmittelbaren Reaktionen
- nach Emotionen, die das Foto hervorrief
- ob den Teilnehmenden das Bild “gefiel” oder nicht
- ob das Bild das Interesse der Teilnehmenden weckte, mehr darüber zu erfahren oder es anderen zu zeigen
Die Teilnehmenden wurden gebeten, ihre Gefühle zu jedem Bild zusammenzufassen und dem Bild eine Schulnote zu geben, wobei 1 bedeutete „Dieses Bild hat eine starke Wirkung auf mich" und 6 bedeutete „Dieses Bild lässt mich vollkommen kalt".
Nachdem sie alle Bilder gesehen und diskutiert hatten, wählten alle Teilnehmenden drei Bilder aus, die für sie den Klimawandel oder Klimaschutz am besten repräsentierten.
Quantitative Umfrage
A/B-Experiment: 1500 Menschen (aus insgesamt allen sechs gesellschaftlichen Typen) wurde im Zuge einer längeren quantitativen Befragung für „Übers Klima reden” per Zufall eines von drei ausgewählten Bildern gezeigt, verbunden mit einem fiktiven Aufruf zu einem lokalen Bürger:innendialog zum Klimaschutz. Daraufhin wurde gemessen, ob die verschiedenen Bilder zu signifikant unterschiedlichen Antworten auf den Dialogaufruf führten.
Ergebnisse der Bildforschung
1. Bilder von Überschwemmungen in Deutschland sind eindrucksvoll für alle Typen
Bilder von deutschen Landschaften, die die Auswirkungen des Klimawandels verdeutlichen, riefen bei allen sechs Typen starke Reaktionen hervor. Die Bilder wirken ansprechend, weil sie Beispiele für lokale, erkennbare und ernsthafte Auswirkungen des Klimawandels sind.
Prinzipien
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- starke und ernste Klimaauswirkungen (Climate Visuals-Prinzip 4)
- eine erkennbar deutsche oder mitteleuropäische Landschaft (Climate Visuals-Prinzip 6)
- zeigt Menschen, ist aber nicht inszeniert (Climate Visuals-Prinzip 1)
„Ich finde es total schrecklich, man kann sich gar nicht vorstellen, wie es wäre, wenn es das eigene Haus wäre. Unbegreiflich.”
Aus der Gruppe der Enttäuschten
„Das finde ich hier ein bisschen eindrücklicher formuliert, dass wirklich alle betroffen sind. Das finde ich ein starkes Bild.”
Aus der Gruppe der Pragmatischen
„Es ist ein schockierendes Bild.”
Aus der Gruppe der Wütenden
„Das ist sehr schockierend.”
Aus der Gruppe der Offenen
„Der Mensch sollte endlich mal lernen, die Natur zu achten. Die ist stärker wie wir.”
Aus der Gruppe der Etablierten
„Ich finde es eindrucksvoller als das erste Bild, was uns China zeigt, weil es uns hier viel näher anspricht, weil es in Deutschland ist, wir kennen solche Orte, solche Bahnen.”
Aus der Gruppe der Offenen
„Beim ersten Mal würde ich sagen, ‘Oh Gott, Katastrophe!’, wenn das irgendwo an der Wand hängen würde. Da würde ich weitergehen. Aber so im ganzen würde es schon zum Thema Klimaschutz passen.”
Aus der Gruppe der Pragmatischen
„Hier sehe ich Natur gegen Technik. Hier fällt mir spontan ein, dass die Technik es nicht schafft, die Natur zu bezwingen. Dass man trotz der Technik hilflos ist.”
Aus der Gruppe der Involvierten
2. Bilder können neue, anregende Narrative zu Hitzewellen erzählen
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- gemischte Reaktionen, von Humor über Überraschung bis hin zu Verwirrung
- wichtig, neue Narrative über die Hitzewellen in Deutschland zu erzählen, die zeigen, wie der Klimawandel Menschen in ihrem Alltag und nicht nur im Urlaub am Strand oder im Schwimmbad beeinflusst
- Fotos wie der Wasserwerfer erregen Aufmerksamkeit, weil sie „überraschend" oder „neuartig" sind
- der Verkehrsstau während einer Hitzewelle löst Diskussionen über Verkehrsentscheidungen und -optionen aus
Prinzipien
-
- erzählen von neuen oder ungewöhnlichen Geschichten über Hitzewellen (Climate Visuals-Prinzip 2)
- ungestellte Fotos von Menschen (Climate Visuals-Prinzip1)
- Autos im Verkehr zeigen eine der Ursachen des Klimawandels (Climate Visuals-Prinzip 3)
„Ich finde das Unkonventionelle gut.”
Aus der Gruppe der Etablierten
„Ist nicht das, wo man an erster Linie dran denken würde, wenn man über Klimaschutz nachdenkt, dass es notwendig ist, dass die Polizei die Straßen wässert.”
Aus der Gruppe der Pragmatischen
„Das ist mal ein optimierter Einsatz von einem Wasserwerfer. Gefällt mir sehr gut, weil ich denke, es ist praktikabel und hat einen unheimlich großen Nutzen.”
Aus der Gruppe der Involvierten
„Ich sehe da keinen Zusammenhang, was das mit Klimaschutz zu tun hat, wenn ein Polizei-LKW Bäume gießt.”
Aus der Gruppe der Enttäuschten
„Wir machen es nicht besser. Und viele Leute noch alleine im Auto. Nein, ist das gruselig.”
Aus der Gruppe der Involvierten
„Aber dann dürftest du gar nicht mehr in Urlaub fahren, wenn du nicht mehr wegfliegen darfst, nicht wegfahren. Mit dem Zug mit der Familie ist ein bisschen schwieriger.”
Aus der Gruppe der Enttäuschten
„Das ist ein Bild, das einen immer wieder beschäftigt. Mir sagt es eigentlich, dass zu viele Blechlawinen auf der Welt wahrscheinlich sogar vorkommen. Und dass einfach wahrscheinlich auch viele Familien oder wenn man es auf die Menschen umrechnet, jeder zu viele Autos besitzt. Da müsste man eigentlich gegensteuern.”
Aus der Gruppe der Offenen
3. Bilder von Familien und Kindern können helfen, eine Verbindung zum Klimawandel herzustellen
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- Bilder von kleinen Kindern und Familien wecken Empathie über geografische und soziale Unterschiede hinweg
- gerade bei Bildern, die nicht eindeutig aus Deutschland oder Mitteleuropa stammen, muss der Kontext (z. B. in Form einer Bildunterschrift) erklärt werden
- die Wirkung einiger fotografischer Elemente kann kulturspezifisch sein (z. B. orangefarbene Tönung = Feuer)
- fördert Diskussionen über globale Klimagerechtigkeit, da das Bild vulnerable Gruppen in anderen, besonders betroffenen Regionen der Welt zeigt
Prinzipien
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- neue Narrative über die Auswirkungen des Klimawandels (Climate Visuals-Prinzip 2)
- echte Menschen, keine gestellten Fotos (Climate Visuals-Prinzip 1)
- emotionale Auswirkungen des Klimawandels (Climate Visuals-Prinzip 4)
„Das sind eh die Leute, die nichts haben, die trifft es dann noch mal.”
Aus der Gruppe der Etablierten
„Es ist erschreckend auch und vielleicht ein [Blick] in die Zukunft, wenn es gar nicht besser wird, was vielleicht uns auch noch mal blühen wird.”
Aus der Gruppe der Pragmatischen
„Wir wissen gar nicht zu schätzen, wie gut es uns geht. Ich muss gerade weinen, ich sehe die Mutter, wie sie ihr Kind anschaut.”
Aus der Gruppe der Enttäuschten
„Wenn man Kinder sieht, ist es schon immer sehr berührend.”
Aus der Gruppe der Offenen
[Bedeutung ist den Teilnehmenden erst unklar, nach Auflösung durch die Moderatorin:] „Die sind froh, dass sie mal wieder frische Luft atmen können, spielen und toben. Weil das stelle ich mir furchtbar vor.”
Aus der Gruppe der Etablierten
„Ohne das Hintergrundwissen, würde ich auch sagen, Familienurlaub auf dem Campingplatz. Aber wenn man weiß, um was es sich handelt, ist es ja eigentlich sehr, sehr schlimm.”
Aus der Gruppe der Offenen
„Diese Buschbrände sind auf jeden Fall ein Zeichen des Klimawandels.”
Aus der Gruppe der Enttäuschten
4. Bilder von Klimalösungen können Erfolgsgeschichten effektiv vermitteln, doch benötigen Kontext
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- Bilder von Lösungsansätzen für den Klimawandel wurden von den Typen überwiegend positiv aufgenommen
- der Großteil der sechs Typen unterstützte die meisten Ideen grundsätzlich, obwohl einige Skepsis an der Machbarkeit der Umsetzung oder der Wirksamkeit gegen den Klimawandel äußerten
- Zusammenarbeit in der Gemeinschaft fand großen Anklang, auch wenn viele bei den gewählten Beispielen keinen direkten Bezug zum Klimaschutz sahen
- bei allen Typen gab es positive Äußerungen über ein grünes Stadtbild
- technische Lösungen wurden von einigen grundsätzlich als technologischer Erfolg wertgeschätzt, andere zögerten und verlangten mehr Informationen über den konkreten Nutzen
Prinzipien
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- nutzt neue Narrative (Climate Visuals-Prinzip 2)
- zeigt Menschen, nicht gestellte Fotos (Climate Visuals-Prinzip 1)
„Es ist ein Erfolg. Es ist ein Meilenstein.”
Aus der Gruppe der Offenen
„Ich finde es interessant. Aber wenn es nur ein Tropfen auf den heißen Stein ist, weiß ich nicht, ob es viel ausmacht. Wenn es wirklich dann auch der Stein des Anstoßes ist, dass sich wirklich was ändert, dass auf neue Antriebsformen gesetzt wird, finde ich es durchaus positiv.”
Aus der Gruppe der Etablierten
„Endlich mal eine Innovation, die man so mal sieht. Die dann hoffentlich auch in die Wirklichkeit umgesetzt wird und sich wirtschaftlich hoffentlich lohnt. Schritt in die richtige Richtung, wenn es noch weitergeht.”
Aus der Gruppe der Pragmatischen
„Finde ich sehr schön, dass Deutschland da als Standort mit Vorreiter ist.”
Aus der Gruppe der Wütenden
„Wenn die Gegebenheiten da wären wie auf dem Bild, würde man bestimmt öfter den Gedanken greifen, ‘okay, heute nehme ich mal das Rad’.”
Aus der Gruppe der Offenen
„Ich fahre gerne Fahrrad, mir gefällt es gut, es ist eine verkehrsberuhigte Straße mit Bäumen drin, spricht mich sehr an.”
Aus der Gruppe der Etablierten
„Eine gute Idee, eine gute Innovation. Ob das tatsächlich machbar ist, dass die alle Fahrräder kaufen und mit Fahrrad zur Arbeit fahren wie in Amsterdam. Ich denke, in Deutschland ist das noch nicht so gut angekommen. (…) Ich finde es schön, andererseits finde ich es störend.”
Aus der Gruppe der Pragmatischen
„Ich finde den Gedanken super schön, autofreie Innenstadt.”
Aus der Gruppe der Wütenden
„Es ist einfach ein Gemeinschaftsprojekt, wo sich Leute gefunden haben, die die Gegend ein bisschen verschönern wollen und ihren Beitrag leisten wollen. (…) Schön.”
Aus der Gruppe der Etablierten
„Erinnert mich an eine Ecke in Köln. Die Stadt Köln hat diese Ecke für Menschen, (…) wo die so einen Acker haben, da gibt es ein Hochbeet, die haben ein eigenes Feld angemietet und es geerntet am Ende. (…) Finde ich superschöne Sache. Erst mal was für die Umwelt auch. Schönheit und auch mental für Menschen.”
Aus der Gruppe der Pragmatischen
„Wie man gemeinsam was aufbaut und wachsen sieht. Klimaschutz sehe ich da auch in erster Linie nicht. Wenn es Obst und Gemüse wäre, vielleicht. Aber ich sehe nur Blumen.”
Aus der Gruppe der Enttäuschten
5. Bilder von Aktivist:innen erzeugen gemischte und oft eher negative Reaktionen
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- alle sechs Typen zogen es vor, Menschen konkret in Aktion zu sehen, anstatt nur das Gesicht einer aktivistischen Person
- die „Fridays For Future”-Aktivistinnen Greta Thunberg und Luisa Neubauer waren polarisierend, wobei es in allen Fokusgruppen Teilnehmende gab, die sie entweder bewunderten oder ablehnten
- während manche Menschen das Engagement oder den Mut der Aktivist:innen lobten, waren viele mit der Art und Weise, wie die Demonstrant:innen sich Gehör verschaffen, nicht einverstanden
Prinzipien
-
- Protestbilder sind nach wie vor polarisierend (Climate Visuals-Prinzip 7)
- Lerne dein Publikum kennen, um zu erfahren, ob diese Bildbotschaften angemessen sind und welchen Meinungsführer:innen vertraut wird (Climate Visuals-Prinzip 5)
„Ihre Message ist bestimmt auch gut, auch richtig, aber als Bild hat es für mich nichts mit Klimaschutz zu tun.”
Aus der Gruppe der Offenen
„Ich glaube, das ist meine Meinung, dass die jungen Mädchen und Buben, die ihre Meinung kundtun, sollen sie auf jeden Fall tun, aber ich glaube, dass die alle beeinflusst sind. Weil ich glaube nicht, was die wiedergeben, dass es von ihnen selber entspringt.”
Aus der Gruppe der Etablierten
„Luisa Neubauer, ach ja, die Wohlstandsverwöhnte …”
Aus der Gruppe der Wütenden
„Nervige Studentin. Fridays for Future.”
Aus der Gruppe der Enttäuschten
„Klar, was sie geschaffen hat, steht schon ein bisschen auch für Klimaschutz und Klimapolitik. Gerade Fridays for Future. Das ist riesengroß. (…) Aber es gibt mindestens genauso viele, die sie total doof finden, und die Gegenbewegung, die sie eher auf die Schippe nehmen. Deswegen als Symbolbild würde ich es auch nicht sehen.”
Aus der Gruppe der Pragmatischen
„Ich finde sie wesentlich authentischer und weniger getrieben als Frau Neubauer.”
Aus der Gruppe der Etablierten
„Die Rhetorik ist mir oft zu aggressiv.”
Aus der Gruppe der Involvierten
„Viel Blabla, nichts dahinter.”
Aus der Gruppe der Enttäuschten
„Das sind Aktionen, die keinen anderen Menschen schaden. Wenn ich das vergleiche mit [Protesten heute], das geht immer auf Kosten von anderen.”
Aus der Gruppe der Involvierten
„Es ist schon Wahnsinn. Aber ich finde es auch bewundernswert, dass man sich so was traut. (…) Aber es ist auch ein bisschen erschreckend, dass es so weit kommen muss, dass die Leute sich solche Sachen einfallen lassen. Ist traurig und erschreckend zugleich.”
Aus der Gruppe der Etablierten
„Ich finde gut, wenn Leute zu ihrer Meinung stehen und für ihre Meinung kämpfen, aber das sind jetzt vier Leute auf dem Bild, die verursachen mehr Stress und Kosten, was auch Steuergelder kostet, so was ärgert mich eher.”
Aus der Gruppe der Enttäuschten
6. Bilder, die Deutschlands Energiezukunft als eine Vielfalt erneuerbarer Energien darstellen, sprechen die Breite der Gesellschaft besser an
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- Bilder von Windrädern sind umstritten und Menschen in allen Fokusgruppen äußerten Abneigung gegen ihre Ästhetik (und empfundene Wirkung auf das Ökosystem)
- Reaktionen auf ein Bild mit Windparks zwischen Feldern in Norddeutschland fielen wesentlich negativer aus als Reaktionen auf eine 3D-Illustration → zusätzlich zu der positiveren Stimmung der 3D-Illustration spiegelt dies ebenfalls die Grundproblematik wider, dass Zukunftsbilder fast ausschließlich Illustrationen sind und daher weniger konfrontativ als reale Infrastrukturprojekte
- Eine nachhaltige Energiezukunft Deutschlands ist für alle Typen erstrebenswert und vielen gefielen die praktischen Elemente, die in den verschiedenen erneuerbaren Energien gezeigt wurden → bei allen Typen schienen Solaranlagen deutlich weniger umstritten als Windparks
Prinzipien
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- gehe auf Dein Publikum ein und informiere Dich über lokale Gegebenheiten und Hintergründe der Energieversorgung – vor allem in Kontexten, in denen bestimmte Technologien umstritten sind (Climate Visuals-Prinzip 5)
„Das ist nicht schön. Aber ist ja wichtig.”
Aus der Gruppe der Offenen
„Leider wird die Umwelt so verschandelt durch die Räder, ich mag die überhaupt nicht.”
Aus der Gruppe der Etablierten
„Das Bild ist kontraproduktiv. Es animiert nicht dazu, die Windkraft zu fördern, weil es für mich kein schönes Bild ist, wo die Landschaft verschandelt ist. Wobei ich aber für Windkraft plädiere.”
Aus der Gruppe der Involvierten
„Ich finde, die Windräder tun mehr zerstören und sind ein schlimmerer Eingriff in die Natur als alles andere.”
Aus der Gruppe der Wütenden
„Die Optik gefällt mir schon. Weil es die neuen Energien alle auf einem Haufen zeigt.”
Aus der Gruppe der Etablierten
„Ich kriege natürlich einen positiven Eindruck mit dem Sonnenuntergang und das schöne Korn im Hintergrund, dass es sehr umweltfreundlich ist. Ob es wirklich so ist, ist immer eine Frage. Für mich ist es eine typische Werbung auch.”
Aus der Gruppe der Pragmatischen
„Mir gefällt es gut. Ich hoffe, also direkt nebenan so ein Windkraftrad möchte niemand haben direkt vor der Haustür. Aber auf freien Feldern finde ich das gut und wenn das die Zukunft ist und es ein bisschen schneller vorangehen würde, würde es mir gut gefallen.”
Aus der Gruppe der Enttäuschten
7. Bilder von Zukunftsvisionen haben Potenzial, erscheinen aber definitionsgemäß weit entfernt
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- beide Bilder stoßen bei allen Typen auf Interesse, da sie für sie dystopische/futuristische Visionen darstellen, die zum Nachdenken anregen
- Beide Bilder wurden als sehr weit von Deutschland entfernt angesehen und Typen waren erleichtert, dass sie an keinem der beiden Orte leben → gleichzeitig lösten die Bilder wenig Reflexion über eigenes Handeln (in Form von Ursachen oder Lösungen) aus
Prinzipien
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- Bilder können neue Geschichten über mögliche Zukünfte erzählen (Climate Visuals-Prinzip 2), sind ihrer Definition nach aber zeitlich und räumlich weit entfernt
- das Zeigen von Klimawandelursachen in der Breite (Climate Visuals-Prinzip 3) in einer weit entfernten Stadt wie Delhi war abschreckend, aber nicht motivierend
- lokale Klimaauswirkungen zeigen (Climate Visuals-Prinzip 6): ein Bild des Smogs in einer eindeutig deutschen (oder europäischen) Stadt könnte wirkungsvoller sein
„Sieht ein bisschen dystopisch aus. Hat was Futuristisches, (…) Weltuntergangsmäßiges.”
Aus der Gruppe der Offenen
„Ich finde das Bild gut, wie es zeigt Nutzung der Sonnenenergie in einer Umgebung, die ansonsten landwirtschaftlich kaum nutzbar scheint.”
Aus der Gruppe der Wütenden
„Das ist eine wunderschöne, riesengroße Solaranlage. Die nimmt natürlich auch riesig Platz weg von der Natur. (…) So richtig Umweltschutz kann das nicht sein. Und Energiepolitik kann es auch wieder nicht sein.”
Aus der Gruppe der Etablierten
„Sehr ‘future sound’ mäßig irgendwie … auch mit dem dunklen Himmel darüber. So als hätten wir schon die Glasglocke installiert und wir liegen alle darunter. Von dem Aspekt her etwas menschenfeindlich.”
Aus der Gruppe der Pragmatischen
„Ich habe Angst, dass es so vielleicht bei uns in dreißig Jahren aussehen könnte.”
Aus der Gruppe der Involvierten
„Ich finde eigentlich, dass es schon zum Nachdenken anregt und sich denkt, nein, so will ich nicht in zwanzig, dreißig Jahren leben in den Städten in Deutschland.”
Aus der Gruppe der Enttäuschten
„Trauer, Wut. Alles von uns Menschen gemacht.”
Aus der Gruppe der Etablierten
„Es ist wenigstens ein gutes Schaubild und zeigt, wo es hinführt, wenn man nicht handelt.”
Aus der Gruppe der Offenen
8. Eisbären haben Symbolcharakter, reichen aber nicht aus
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- Eisbären sind für die meisten Typen noch immer ein repräsentatives Symbol für den Klimawandel → auch wenn die Ergebnisse von „Climate Visuals“ dafür sprechen, die Bildsprache über Eisbären hinaus zu erweitern, ist dies nicht zwangsläufig ein „schlechtes" Klimabild – es darf jedoch nicht das einzige Klimabild sein
- Die Wirkung des Bildes war bei den Teilnehmenden dennoch umstritten; viele gaben an, dass dieses Bild zu idyllisch sei und es den abgebildeten Eisbären noch „zu gut” gehe → diese und ähnliche Aussagen deuten darauf hin, dass die emotionale Resonanz des Bildes nicht ausreichend ist
- Lediglich eine Teilnehmerin brachte das Schmelzen der Eiskappen mit ihren Erfahrungen mit schmelzenden Gletschern aus ihrer Umgebung in Verbindung
„Das sieht zu idyllisch aus. Da ist noch relativ viel Eis. Wenn da nur eine Scholle wäre, wäre es deprimierender oder alarmierender. Aber so sehe ich auf den ersten Blick kein Klimabild.”
Aus der Gruppe der Offenen
„Wenn man sagt, es schmilzt alles ab und die Eisbären haben keinen Lebensraum mehr, müsste man ein anderes Bild zeigen.”
Aus der Gruppe der Involvierten
„Nicht nur an den Polen. Auch die Gletscher an den Alpen. Ich habe es live erlebt. Am Großglockner war ich vor Jahren, war ich vor zwei Jahren und da sieht man es halt dann.”
Aus der Gruppe der Enttäuschten
„Ich finde, das ist irgendwie das Bild für Klimaschutz. Weil es ist gefühlt das längste, was mir im Kopf ist mit den Eisbären …”
Aus der Gruppe der Pragmatischen
Top 3 Bilder für alle Typen
Folgende drei Bilder wurden im Schnitt aller Fokusgruppen als Top 3 identifiziert:
Photo credits: Christof Stache / AFP / Getty Images, Raunaq Chopra / Climate Visuals Countdown, Joydeep Mukherjee / Climate Visuals Countdown
Wodurch zeichnen sich diese Bilder aus?
- zeigen unverkennbar Ursachen oder Folgen des Klimawandels
- emotionale Wirkung (erzeugen Gefühle wie Schock, Abscheu oder Mitleid)
- ermöglichen einen Bezug zum eigenen Lebenskontext (lokale Umgebung, Familie mit Kindern)
- Veranschaulichung einer unerwünschten Zukunft, z. B. in Form von massiver Luftverschmutzung
Grundsätzliches
In unserer Studie neigen Teilnehmende dazu, Bilder von Lösungen des Klimawandels weniger hoch zu bewerten und halten sie nicht für so „gute Bilder” wie solche, die Auswirkungen oder Ursachen des Klimawandels zeigen. Das bedeutet nicht, dass solche Bilder nicht auch gute Bilder des Klimawandels sind. Eine Ursache für die relativ niedrige Bewertung solcher Bilder in unserer Studie könnte u. A. sein, dass es manchen Teilnehmenden schwer fiel, Klimaschutzmaßnahmen (und noch mehr Klimaanpassungsmaßnahmen) in Bildern zu erkennen. Ergebnisse anderer Studien deuten darauf hin, dass Bilder von Klima-Lösungen für die Stärkung des Selbstwirksamkeitsgefühls entscheidend sein könnten (O’Neill & Nicholson-Cole, 2009; O’Neill, 2013; Metag et al., 2016; Wang et al., 2017). Daher bedarf es mehr repräsentativer Bildforschung, um zu präzisieren, welche Kriterien Bilder erfüllen müssen, um diese Wirkung entfalten zu können.
Typenspezifische Beobachtungen
Diese Beobachtungen basieren auf qualitativer Forschung im Rahmen des „Übers Klima reden”-Projekts und wurden nicht quantitativ getestet. Dennoch wurden sie zur Prüfung mit statistisch belegten Erkenntnissen aus der More in Common-Forschung zu ihren sechs gesellschaftlichen Typen abgeglichen.
Ergebnisse der Bildforschung aus der Umfrage
Aus der quantitativen Forschung ergaben sich wenig klare Ergebnisse darüber, welches Bild besser bzw. schlechter dazu geeignet ist, Menschen zu einer Handlung zu motivieren.
Obwohl wir nicht feststellen konnten, wie sich die einzelnen Bilder auf die einzelnen Typen ausgewirkt haben, lässt sich dennoch ablesen, dass die Wütenden und die Enttäuschten grundsätzlich seltener bereit sind, die abgefragten Handlungen zu unternehmen. Diese Erkenntnis spiegelt auch die Ergebnisse der „Übers Klima reden”-Studie zu diesen beiden Typen wider.
Über diese Erkenntnis hinaus lässt sich das Ausbleiben bedeutender Unterschiede zwischen den gezeigten Bildern auf mehrere mutmaßliche Gründe zurückführen:
- das Experiment-Design war nicht stark genug
- die Teilnehmenden sahen sich das Bild nicht gründlich genug an (die Fragen zum Bürgerdialog konnten auch beantwortet werden, ohne sich wirklich mit dem jeweiligen Bild zu beschäftigen)
- die Teilnehmenden verbrachten nicht viel Zeit damit, sich die Seite, einschließlich des Bildes, anzusehen (die mit dem Aufruf zum Bürgerdialog verbrachte Zeit wurde nicht gemessen)
Wir empfehlen daher ein umfassenderes Experiment mit mehr Teilnehmenden in zukünftiger quantitativer Bildforschung, die eine intensivere Auseinandersetzung mit den Bildern beinhaltet.
Da es sich bei dieser Forschung zur Bildsprache nur um ein Pilotprojekt handelt, empfehlen wir, diese Ergebnisse mit Vorsicht zu interpretieren, bis weitere Untersuchungen durchgeführt werden können. Obwohl alle Teilnehmer:innen die Kriterien für ihren jeweiligen gesellschaftlichen Typ gut erfüllten, haben wir besondere Vorbehalte bei den Erkenntnissen zu den Wütenden, inwiefern die Teilnehmenden ihren Typ als Ganzes repräsentieren.